Mutter-Kind-Pass für Dummies
von Katharina Wallner

Mit dem Feststellen der Herztöne des Ungeborenen wird meist auch der Mutter-Kind- Pass überreicht. Eine aufregende Entwicklungsreise und eine Ärzterallye beginnen. Das vielleicht beliebteste Dokument ist ab nun immer dabei. Sich darin zurechtzufinden ist aber kein Kinderspiel.
Bitte verzeihen Sie meine saloppe Überschrift. Denn was im ersten Moment logisch oder im wahrsten Sinne des Wortes babyleicht erscheint, ist es auf den zweiten doch nicht. Oder wissen Sie, was der oGTT ist, zu dem Sie zwischen der 25. und 28. SSW (was soviel heißt wie Schwangerschaftswoche) antreten sollen? Warum manche Untersuchungen nur empfohlen werden, andere wiederum unumgänglich scheinen – obwohl eigentlich alle Untersuchungen gänzlich freiwillig und nicht verpflichtend sind? Sie merken schon ... während Sie sich auf Ihr Baby freuen und Schmetterlinge im Bauch verspüren, machen sich im Kopf viele Fragezeichen breit, die es wert sind, beantwortet zu werden.
MUTTER-KIND-PASS SEITE FÜR SEITE
Blättert man den Mutter-Kind-Pass (MUKI-Pass) durch, finden sich viele Felder, die im Laufe der Wochen angekreuzt werden, Lückentexte und zahlreiche Abkürzungen. Um auch wirklich alles zu verstehen gehen wir ihn nun einfach Seite für Seite gemeinsam durch ... los geht's:

Differenzieren: Seite 9 - Alle anderen Seiten
- Auf Seite 9 können Sie persönliche Daten eintragen.
- Das Ausfüllen aller anderen Seiten ist Ärzten vorbehalten und jede Untersuchung muss daher auch im Anhang (ab S. 63) mit einem ärztlichen Stempel quittiert werden. Diese Seiten nehmen Sie später heraus und reichen Sie beim zuständigen Krankenversicherungsträger ein, um den Anspruch auf das volle Kinderbetreuungsgeld geltend machen zu können.
COVID-19
- Die strengen zeitlichen Vorgaben der jeweiligen Untersuchungen sind aufgrund der aktuellen Covid-19 Situation weitgehend aufgelockert. Bitte besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Team einen individuell passenden Zeitplan für Ihre Untersuchungen.
Idealerweise tragen Sie den MUKIPass immer bei sich. Denn sollten Sie nicht selbst Auskunft geben können, lassen sich wichtige Informationen herauslesen.
Seite 10 + 11
Die Seiten 10 und 11 sind Ihrer geburtshilflichen und gynäkologischen Vergangenheit gewidmet. Gab es beispielsweise Schwangerschaften, die zu früh beendet wurden oder hat sich eine Eizelle irrtümlicherweise schon einmal außerhalb der Gebärmutter (extrauterin) eingenistet?
- "Abort" steht in diesem Zusammenhang für Fehlgeburten
- und die Abkürzung "Grav." für Gravidität, was soviel heißt wie Schwangerschaft.
Gleich auf den ersten Seiten wird Schwangerschaftswoche mit „SSW“ abgekürzt. Um den jeweiligen Schwangerschaftsstatus noch genauer zu definieren, wird die Woche häufig durch ein Tag ergänzt. So bedeutet etwa „12 + 3 SSW“, dass Sie sich in der dreizehnten Woche befinden ...
Seite 12
Seite 12 geht sehr genau auf allgemeine Befunde und Ihre Geschichte ein. Seien es familiäre Belastungen, Vorerkrankungen, Allergien oder Medikamente.
Eine ausführliche "Anamnese", so nennt man diese Erhebung im Fachjargon, ist ein wichtiger Schritt, wenn es darum geht, eine Diagnose zu erstellen und eine Patientin in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Seien Sie also genau und möglichst lückenlos bei all diesen Angaben.
Seite 13
Seite 13 nimmt sich Raum für eine gynäkologische Befunderhebung:
- Wird auf diesen Seiten der "Geburtstermin laut US" angegeben, ist hiermit die Bestimmung mittels Ultraschall gemeint.
- Den "PAP-Test" kennen Sie möglicherweise schon. Es ist der Abstrich zur Vorsorge eines Gebärmutterhalskrebses und darf bei gynäkologischen Routineuntersuchungen nicht fehlen.
Seite 14 + 15
Auf den Seiten 14 und 15 trägt der Frauenarzt alle Untersuchungen ein, die er während der Schwangerschaft durchführt.
Beginnt er im Zuge dessen mit Worten um sich zu werfen, die Sie nicht verstehen, zögern Sie nicht nachzufragen. Schließlich lässt sich alles einfacher und verständlich ausdrücken - und so bedeutet beispielsweise ein "Polyhydramnion" (S. 17) schlicht zu viel Fruchtwasser, eine "Oligohydramion" hingegen zu wenig. Eine "Hypertonie" steht für erhöhten Blutdruck und mit "Gestationsdiabetes" ist ein schwangerschaftsbedingt erhöhter Blutzucker gemeint.
Seite 19
Seite 19 wird von einer Hebamme ausgefüllt, sofern Sie sich für das kostenlose und freiwillige Hebammengespräch zwischen der 18. und 22. SSW entscheiden. Es bietet die Möglichkeit viele Fragen über gesundheitsfördernde Maßnahmen, den Geburtsverlauf oder weitere Unterstützungsangebote zu stellen und ist eine wunderbare Ergänzung, die 2013 in den MUKI-Pass aufgenommen wurde. Aktuell kann das Hebammengespräch bis hin zum Geburtstermin vertagt werden.
Im Zuge der Mutter-Kind-Pass-Novelle (MuKiPassV-Novelle 2009) fanden 2010 drei neue Tests ihren Platz.
- Eine Ultraschalluntersuchung zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche,
- ein HIV-Test (S. 24), um eine mögliche Infektion mit dem Humane Immundefizienz-Virus oder eine Aidserkrankung festzustellen,
- sowie ein Zuckerbelastungstest (S. 25) ,kurz oGTT, zur Früherkennung eines möglichen Schwangerschaftsdiabetes.
Während beide labordiagnostischen Untersuchungen zu den mehr der minder "verpflichtenden" Untersuchungen gehören (andernfalls folgt die Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes), basieren alle Ultraschalluntersuchungen auf gänzlich freiwilliger Basis. Die Kosten der drei eben genannten Untersuchungen werden von den Krankenkassen übernommen und so ist in diesem Zusammenhang gut zu wissen, dass privat zu bezahlende Pauschalangebote für etwaige Ultraschalluntersuchungen zwar manchmal üblich, jedoch nicht unbedingt notwendig wären.
Insgesamt drei Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft zählen zu den Leistungen der Krankenkasse:
- Jene in der 8.–12. Schwangerschaftswoche,
- eine Option finden Sie in der 18.–22.
- und eine weitere in der 30.–34. Schwangerschaftswoche.
GEBURT - WICHTIGE DATEN
Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Seiten 26 und 27 – den Tag der Entbindung mit allen wichtigen Daten rund um die Geburt und das Neugeborene.
Unter mütterlichen Erkrankungen finden sich erneut viele Abkürzungen:
- "HELLP" (Haemolysis, Elevated Liver enzymes, Low Platelet count) und GDM (Gestationsdiabetes) - alles Krankheitsbilder, die durch die Schwangerschaft hervorgerufen werden
- oder im Falle eines DM I und II (Diabetes oder zu Deutsch Zuckerkrankheit Typ I und Typ 2) bereits bestehen können.
Fachbegriffe rund um die Geburt:
- "Spinal/Epid" sind Abkürzungen des Narkosefacharztes und beschreiben Verfahren der Leitungsnarkose über das Rückenmark, besser bekannt als "Kreuzstich", einem beliebtem Mittel zur Schmerzausschaltung.
- Mit den Kürzeln "DR/II" und "DR III/IV" notiert der Geburtshelfer etwaige Geburtsverletzungen im Bereich des Dammes. "DR" steht für Dammriss, der in unterschiedliche Schweregrade unterteilt wird.
Auf der Seite 27, die sich allen kindlichen Daten widmet:
- wird, mit "m" (männlich) oder "w" (weiblich) verzeichnet, ob ein Bub oder ein Mädchen das Licht der Welt erblickt hat.
- Der Allgemeinzustand des Babys wird mit Hilfe eines Punktesystems, das man "APGAR Score" nennt, abgebildet; darunter werden pH-Wert und BE (Base Excess) vermerkt. Letztere sind diagnostische Parameter einer routinemäßigen Blutgasanalyse und treffen eine Aussage über das Säure-Base-Gleichgewicht des Blutes und damit über die Sauerstoffversorgung des Kindes während der Geburt.
KURZ UND GUT
Ein vollständig ärztlich dokumentierter Pass gibt hinreichend Auskunft über den Gesundheitszustand von Mutter und Kind, ermöglicht die Früherkennung von Regelwidrigkeiten und ist in weiten Teilen an den Erhalt des vollen Kinderbetreuungsgeldes geknüpft.
COVID-19
- Die fixierten Zeitfenster, der verpflichten Untersuchungen für die staatliche Unterstützungsleitung, werden in der momentanen Ausnahmesituation deutlich flexibler gehandhabt ohne eine Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes befürchten zu müssen.
Wenn frischgebackene Mütter am Tag der Geburt das Ziel einer langen Reise von Arzt zu Arzt und durch den Fremdwörterdschungel erreicht haben, ahnen sie es meist schon ... bei den anstehenden Untersuchen ihres Sprosses wird es wohl ganz ähnlich weitergehen. Und die erste davon wartet schon in der ersten Lebenswoche (S. 30) oder, wie wir gern kurz und knackig meinen, in der "1. LW".