
Dammriss
von Katharina Wallner

Manchmal werden die ersten Tage mit dem Baby von schmerzenden Geburtsverletzungen überschattet. Wann ist ein Dammschnitt notwendig, wie verheilt er und wo ist überhaupt dieser Damm?
Um unbekanntes Terrain zu betreten, muss man nicht unbedingt an ferne Orte reisen. Auch unser Körper bietet reichlich Flächen, Winkel, Einbuchtungen und Falten, die erforscht werden können. Der Damm ist so eine Stelle unseres Körpers, die dazu verdammt ist, sehr wenig bis keine Beachtung zu bekommen. Kaum jemand kennt seine anatomische Bezeichnung, und auch sonst führt er ein Leben in Verborgenheit, unscheinbar zwischen After und äußeren Geschlechtsorganen liegend - bei der Frau zwischen Anus (Schließmuskel des Enddarms) und hinterem Schamspaltenwinkel. Dort wird der Damm (lat. Perineum) von Teilen der Beckenbodenmuskulatur gebildet.
DAMMSCHNITT ODER DAMMRISS
Spätestens in der Schwangerschaft stolpern die meisten über den Damm, sei es in Büchern über die Geburt, beim Geburtsvorbereitungskurs, im Rahmen der empfohlenen Dammmassage oder wenn plötzlich das Schreckgespenst "Dammschnitt" (lat. Episiotomie) auftaucht. In seinem Normalzustand erscheint der Damm mit rund zwei Zentimetern sehr niedrig. Während der Geburt wird er aber ausgewalkt, um etwa zehn bis 15 Zentimeter Höhe zu erreichen. Das kann man sich ähnlich vorstellen wie das Auswalken eines Strudelteigs: Bevor er verarbeitet wird, hat der Teig eine gewisse Stärke und ist verhältnismäßig klein. Durch den Druck des Nudelholzes wird er dünner und zugleich größer. Zu stark ausgewalkt, bekommt er allerdings Risse.
Ganz ähnlich ist das beim Damm in der letzten Phase der Geburt, wenn das Baby kräftig auf den Beckenboden drückt. Grundsätzlich ist der Damm ja elastisch und kann mit einer durchblutungsfördernden Dammmassage in der Schwangerschaft (etwa ab der 34./35. Schwangerschaftswoche) zudem gut auf die Strapazen der Geburt vorbereitet werden. Wird er jedoch zu sehr ausgewalkt, entstehen Risse, die unterschiedlich tief und groß sein können.
Ist ein Dammschnitt notwendig, dann wird er am Höhepunkt der Wehe gemacht, wenn das Gewebe nur wenig bis gar nicht durchblutet und relativ schmerzunempfindlich ist. Ist das Gewebe noch nicht vollständig ausgewalkt, kommt eine lokale Betäubung (Infiltration) zum Einsatz. In jedem Fall wird von der Mitte des Scheideneingangs ausgehend ein gezielter Schnitt in seitliche Richtung, weit weg vom Anus, gesetzt.
Gute Gründe führen auch in der modernen Geburtshilfe noch zu einem Dammschnitt:
- Schonung des kindlichen Köpfchens bei einer Frühgeburt
- bei der Geburt von Zwillingen
- bei vaginal-operativen Entbindungen mithilfe einer Saugglocke oder einer Zangengeburt
Das Baby hat auf diese Weise weniger Widerstand zu überwinden, kann ein paar Wehen früher geboren werden, und gefürchtete hochgradige Dammverletzungen
(Dammriss Grad III und Grad IV) lassen sich so mitunter verhindern. Ein vorzeitiger Schnitt ist freilich relativ selten nötig, dafür werden mögliche kleine oder oberflächliche Einrisse des Gewebes (Dammriss Grad I und Grad II), wie sie bei vielen Geburten passieren, in Kauf genommen. Sie heilen besser als ein glatter Schnitt durch alle Gewebeschichten hindurch.

Während der Versorgung einer Geburtsverletzung liegt das Baby idealerweise auf der Brust der Mutter.
EINSCHNEIDENDES ERLEBNIS
Eine sichere Prognose, ob ein Dammschnitt notwendig oder ein Einriss passieren wird, lässt sich nicht abgeben. Tatsächlich entscheidet sich das erst am Ende der Geburt mit einem fachkundigen Blick auf das Geschehen. Ist eine Geburtsverletzung zu versorgen, geschieht dies unter lokaler Betäubung, sobald auch der Mutterkuchen geboren wurde. Die frisch gebackene Mutter kuschelt inzwischen am besten mit ihrem Neugeborenen. Fachgerecht versorgt heilt die Wunde meist problemlos.
Das Nahtmaterial löst sich im Lauf der Wochenbettzeit von selbst auf, es müssen keine Nähte gezogen werden. Kommt es infolge einer Geburtsverletzung zu anhaltenden Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder klappt beispielsweise das Urinieren oder Absetzen des Stuhls nicht mehr wie gewohnt, sollte das jedoch nicht geduldig hingenommen werden. Nun empfiehlt es sich, ohne Scham und Scheu sich vertrauensvoll an Geburtshelfer zu wenden - eine Narbenkorrektur kann notwendig sein, um die körperlichen Funktionen wieder optimal herzustellen. Auch wenn der Leidensdruck "nur" von einer optischen Beeinträchtigung herrührt: Geben Sie sich nicht dem Gedanken hin, dass dies wohl der Preis dafür sei, ein Kind bekommen zu haben. Dieses große Geschenk sollte nicht mit der eigenen Lebensqualität bezahlt werden. Für Sie als Mutter ist es wichtig, sich im eigenen Körper wohl zu fühlen!
- Dammverletzungen heilen meist gut, aber unterschiedlich schnell.
- Im Wochenbett sollte der Dammbereich geschont und gut gepflegt werden.