Atopische Dermatitis - Die besten Behandlungsmethoden
von Elisabeth Sorantin

WAS IST NEURODERMITIS / ATOPISCHE DERMATITIS?
Neurodermitis, auch atopisches Ekzem, atopische Dermatitis oder endogenes Ekzem genannt, ist eine häufige Hauterkrankung. Etwa 2,5 Prozent der Gesamtbevölkerung sind betroffen, bei Schulkindern sogar bis zu zehn Prozent.
WELCHE ROLLE SPIELT DIE GENETIK?
Atopische Dermatitis ist keine Allergie, tritt aber häufiger bei Menschen mit Allergieneigung auf.
Die Genetik spielt eine wichtige Rolle: Gibt es in der Familie eines Neugeborenen Allergien, liegt das Risiko des Neugeborenen bei etwa zehn Prozent. Ist ein Elternteil betroffen, sind es schon 15 Prozent und wenn beide Elternteile erkrankt sind, 45 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutter Neurodermitis vererbt, ist etwas höher als beim Vater. Allerdings bedeutet das Risiko noch nicht zwangsläufig, dass die Krankheit auch ausbricht: Man nimmt heute an, dass letztendlich Umweltfaktoren darüber entscheiden, ob aus einer Veranlagung eine Erkrankung wird.
RISIKOFAKTOREN
- Die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft hat keinen Einfluss auf den Verlauf einer Neurodermitis, sehr wohl aber während der Stillzeit.
- Rauchen und Alkoholkonsum während Schwangerschaft und Stillzeit erhöhen das Risiko.
- Nahrungsergänzungsmittel während der Schwangerschaft bitte nur unter ärztlicher Aufsicht: Eine amerikanische Studie hat gezeigt, dass die Gabe von Vitamin E und von Probiotika (mit Lactobacillus rhamnosus and Bifidobacterium longum) das Risiko senken konnten, eine Überdosierung von Vitamin D aber zu einem Anstieg führte.
- Die Ernährung des Säuglings während des ersten Lebensjahres spielt ein Rolle, Stillen schützt.
- Klimatische Bedingungen, die trockene Haut fördern, sind ein weiterer Risikofaktor.
- Und dann natürlich Stress, weil dabei entzündungsfördernde Stoffe ausgeschüttet werden. Das betrifft Mutter und Kind: Kinder agieren oft aus, was die Mutter fühlt.
- Übrigens: Impfungen schaden bei Neurodermitis nicht! Einzige Vorsichtsmaßnahme: Während eines akuten Schubs sollte der Impftermin verschoben werden.
- Auslöser sind psychische Belastungen, Wetterveränderungen, Reaktionen auf Waschmittel oder Nahrungsmittel, wie z.B. Nüsse, Milch etc. Eine Besserung ist oft bei Klimawechsel (Gebirgsklima über 1.500 m oder Meeresklima) möglich.
ERNÄHRUNGSTiPPS
SÄUGLINGE
- In allergiebelasteten Familien am besten sechs Monate ausschließlich stillen. Falls nicht möglich: hypoallergene Babynahrung
NACH DEM 6. MONAT
- Im ersten Lebensjahr keine Kuhmilch, ausreichende Kalziumzufuhr z.B. durch kalziumreiches Mineralwasser
- Hochallergene Nahrungsmittel wie Fisch, Eier, Nüsse und Zitrusfrüchte erst nach dem ersten Geburtstag anbieten
AB DEM ERSTEN LEBENSJAHR
- Es gibt keine generelle Neurodermitisdiät, aber Unverträglichkeiten genau beobachten und mit dem Kinderarzt besprechen
- Besondere Vorsicht z.B. bei Zitrusfrüchte, Obstsäften und Gewürzen
- Wichtig: ausreichend Flüssigkeit, da die Schweißabgabe bei Neurodermitis gestört ist
WAS GENAU IST ATOPISCHE DERMATITIS?
Eine erblich bedingte Kombination aus gestörter Hautbarriere und fehlgeleiteter Immunreaktion.
Das Immunsystem bildet zu viele Abwehrzellen des Typs Th2, die allergische Reaktionen begünstigen. Das ist der Grund für eine Entzündung der betroffenen Hautareale ... und für die Neigung zu Heuschnupfen, Asthma und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Dazu kommt, dass atopische Haut im wahrsten Sinn des Wortes dünnhäutig ist: Ihre Barrierefunktion ist gestört; "löchrig" und viel zu durchlässig kann sie Feuchtigkeit nicht gut halten. Das macht sie anfälliger gegenüber Bakterien wie Staphylococcus aureus, der Infektionen hervorruft, oder Herpes- und Warzenviren. Auch Reizstoffe haben ein leichtes Spiel. Die Abwehr schießt über das Ziel hinaus ... und schon ist er da, der Schub!
ERSCHEINUNGSFORMEN
Neurodermitiker haben trockene Haut mit einer gestörten Hautbarriere, der Lipidmantel ist nicht optimal ausgebildet und das Hautmikrobiom ist nicht so vielfältig wie das gesunder Haut. Zeitweise starker Juckreiz ist typisch. Das Krankheitsbild kann aber sehr unterschiedlich verlaufen.
- Typisch für das Säuglingsalter sind Rötungen an den Wangen, manchmal mit gelblich-braunem Krusten (Milchschorf) sowie an Armen, Beinen und Rumpf.
- Ab dem zweiten Lebensjahr sind trockene Stellen an Ellenbeugen, Kniekehlen, Nacken und Handgelenken auffällig.
Die gute Nachricht: In den meisten Fällen bessert sich die Erkrankung mit zunehmendem Lebensalter, manche Patienten entwickeln aber eine andere Erkrankung des atopischen Formenkreises (z.B. Asthma).
PFLEGE IST ALLES
Die tägliche Basispflege mit einer neutralen, fetthaltigen Creme oder Salbe ist ein Muss. Verschlechtert sich der Hautzustand und ist es schon zu rissiger Haut mit Rötungen gekommen, helfen spezielle Fettsalben wie Nachtkerzenölsalbe oder Mandelölsalbe. Bei starkem Juckreiz und beginnenden Schüben helfen kortisonfreie entzündungshemmende Salben, vor allem Präparate auf der Basis von Tacrolimus oder Pimecrolimus. Das sind Stoffe, die vom Pilz Streptomyces gebildet werden und kortisonähnlich wirken. Beim Auftragen brennt es zwar kurz, aber danach verschwindet der Juckreiz. Sogar bei mittlerer bis schwerer Neurodermitis kommt es innerhalb von drei Tagen zu signifikanten Verbesserungen. Nach drei Wochen kann eine Verbesserung des Hautzustands um bis zu 83 Prozent erreicht werden, wie neuere europäische Studien zeigten.
Ja nicht reizen!
Zur Pflegetherapie gehört auch, alles zu meiden, was die Haut irritieren könnte.
- Ergo: Keine Wollstoffe oder Nahtstellen direkt auf der Haut tragen
- Nicht zu heiß und zu lange baden
- nicht zu sehr ins Schwitzen kommen
- Alles, was der Haut Feuchtigkeit entzieht - z. B. Klimaanlagen -, ist ebenfalls von Nachteil.
Um alle Auslöser einen großen Bogen zu machen ist leider nicht möglich: Weder der Winter noch Umweltbelastungen, Stress oder andere Trigger lassen sich aus der Welt schaffen!
KORTISONSALBEN
Kortison ist im akuten Stadium der Erkrankung ein wichtiges Therapeutikum, da es die Entzündung rasch hemmt. Allerdings sind die eventuellen Nebenwirkungen wie z.B. eine Verdünnung der Haut, eine Erweiterung der kleinen Blutgefäße oder eine erhöhte Infektneigung zu beachten. Die neuen Salben sind aber gut verträglich und ca. 100 Gramm kortisonhaltige Salbe (Klasse 1) pro Jahr können nach neuen Erkenntnissen unbedenklich aufgetragen werden. Das Führen eines Anwendungskalenders hilft bei der Mengenkontrolle.
ALTERNATIVE BEHANDLUNGSMETHODEN
Alternative Methoden konnten in Studien bisher nicht überzeugen, berichtet Adrian Tanew-Iliitschew. Wer sie trotzdem parallel anwenden möchte, sollte das mit dem behandelnden Arzt absprechen. Ein gutes Gesprächsklima sei ohnehin das Um und Auf der Behandlung, so der Professor: "Fordern Sie Ihren Erstbehandler, der die Krankengeschichte Ihres Kindes am besten kennt - das ist zielführender, als von einem Spezialisten zum anderen zu pilgern!" Die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie bietet zusätzlich immer wieder spezielle Neurodermitis-Schulungen für Patienten und Ärzte an.
Selbst wenn sich in seltenen Fällen die atopische Dermatitis als Lebensprojekt erweist: Mit Geduld und guter Basispflege lässt sie sich zumeist gut zähmen.
HAT MEIN KIND ATOPISCHE DERMATITIS?
juckende Haut, gerötete stellen, ein ständig quengelndes Baby?
TiPPS UND TRiCKS WENN ES JUCKT
- Kälte hilft: feuchte Umschläge z.B. mit schwarzem Tee oder Zinnkraut machen oder Blumenspritze mit Eiswasser füllen und juckende Areale besprühen
- Durchblutungsveränderung: Umschläge, z.B. mit Tannosynt®
- Raumtemperatur sollte nicht zu hoch sein
- Kleidung aus Baumwolle tragen
- Spezielle Kleidung mit Silberfäden wirkt entzündungshemmend
- Keine übertriebenen Badefreuden! Zweimal in der Woche zehn Minuten mit rückfettendem Badezusatz sind genug für Kinder. Wassertemperatur nicht über 36 Grad!
- Juckreizstillende Medikamente müssen vom Arzt verschrieben werden
Weitere Informationen:
- Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie: WWW.OEGDV.AT
Quellen:
- www.kinderarzt.at
- www.hautinfo.at
- www.ncbi.nlm.nih.gov (Englisch)